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Vier Fragen an...
...Urs Scheuss
1. Für eine kurze persönliche Einordnung: Wie stehen Sie zur Kultur? Was bedeutet der Begriff «Kultur» für Sie?
Kultur schafft gesellschaftlichen Zusammenhalt und baut Brücken zwischen Menschen und Gemeinschaften verschiedener Herkunft und Hintergründe. Kultur schafft gemeinsame Identität. Sie kann uns aber auch kritisch den Spiegel vorhalten und so helfen, über uns selbst nachzudenken und Selbstverständliches zu hinterfragen.
2. Wie gedenken Sie sich für die Kultur in Biel einzusetzen? Wie sieht dementsprechend Ihrer Meinung nach die Bieler Kulturlandschaft in zehn Jahren aus?
Ich setze mich dafür ein, das vielfältige Kulturschaffen in Biel zu erhalten, zu stärken und weiterzuentwickeln. Denn die Kultur ist die Seele der Stadt. Dazu muss die Kulturförderung ausgebaut werden. Die Förderung der Kultur ist in Biel weit unter dem schweizweiten Durchschnitt. Und das erst noch bei einer zweisprachigen Stadt. Die Folge sind prekäre Arbeitsbedingungen und fehlender Nachwuchs. Die Beiträge sollen für alle erhöht werden, dabei sollten die kleinen Institutionen und die Projektbeiträge für die Kulturschaffenden jedoch stärker erhöht werden.
3. Wie sehen Sie den für die Kultur einsetzbaren finanziellen Rahmen? Kreativer Ansatz gefragt: Wie könnte man mehr Geld für die Kultur generieren, bzw. wenigstens das vorhandene Budget beibehalten?
Kulturförderung ist eine öffentliche Aufgabe. Es ist eigentlich schlimm, dass Kulturbeiträge jedes Mal gerechtfertigt werden müssen, während in anderen Bereichen wie dem Strassenbau die staatliche Finanzierung unbestritten ist. Daher muss in der Finanzstrategie die Kultur einen höheren Stellenwert erhalten: Es müssen langfristig mindestens so viele Mittel wie heute bereit gestellt werden, damit die Stadt Biel den schweizweiten Durchschnitt der Kulturförderung erreicht.
Bei der Beratung der neuen Stadtordnung hatte ich einen Antrag gestellt, dass die wichtigsten Aufgabenbereiche der Stadt mit Grundsätzen und Zielen umschrieben werden. Dabei hätte es auch einen Kulturartikel geben sollen, der sich an den Grundsätzen und Zielen des Kulturförderungsreglements orientiert. Der Antrag wurde abgelehnt, weil die Mehrheit des Stadtrats der Ansicht war, dass in eine Stadtordnung keine Beschreibung der öffentlichen Aufgaben gehört. Trotzdem lohnt es sich, die Leitlinien der Bieler Kulturpolitik im Reglement für die Förderung der Kultur in Erinnerung zu rufen:
1) Im Bewusstsein, dass die Entfaltung der Kultur der Gradmesser des geistigen Reichtums, der Kreativität und der Toleranz eines Gemeinwesens sowie ein unabdingbarer Bestandteil der Stadtentwicklung ist, fördert die Stadt Biel das kulturelle Leben, indem sie kulturelle Institutionen und Organisationen unterstützt sowie das zeitgenössische Kulturschaffen direkt fördert und für kulturelle Prozesse günstige Voraussetzungen schafft.
2) Die städtische Kulturpolitik fördert den Zugang der Bevölkerung zur Kultur. Sie hat zum Ziel, das Kulturschaffen und die Vielfalt der kulturellen Ausdrucksformen zu fördern.
3) Die Fördermassnahmen betreffen kulturelle Aktivitäten von öffentlichem Interesse, die in direkter Beziehung zu Biel stehen. Sie bieten finanzielle und infrastrukturelle Unterstützung für Projekte, Institutionen oder Personen. Sie tragen auch zur Verbesserung der Produktionsbedingungen und der Information der Öffentlichkeit bei.
4) Die Stadt Biel fördert und unterstützt in ihrer Tätigkeit die Zweisprachigkeit und das Verständnis sowie die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Insbesondere sollen Angebote für Kinder und Jugendliche unterstützt werden.
5) Kulturelle Aktivitäten von und für Minderheiten sowie multikulturelle Veranstaltungen und Produktionen sind angemessen zu berücksichtigen.
6) Wo möglich und sinnvoll werden die Zusammenarbeit und die Beteiligung von Kanton und seiner Organe (insbesondere des Rates für französischsprachige Angelegenheiten des zweisprachigen Amtsbezirks Biel CAF), Regionsgemeinden und Bund sowie von Privaten angestrebt.
7) Die Stadt Biel kann Infrastrukturen zur Verfügung stellen.
8) Die städtischen Verwaltungsabteilungen berücksichtigen in ihren Tätigkeiten die Auswirkungen auf das kulturelle Leben.
9) Die Stadt Biel fördert den Kulturaustausch innerhalb der Schweiz und mit dem Ausland.
4. Einwort-Antwort: Was sollte vor allem gefördert werden: Institutionen? Kunstschaffende? Nachwuchs? Ateliers? Events? Anderes?
Alles.